Auf Einladung der deutschen und französischen Botschaft in Kuwait ging es für uns Anfang Dezember 24 für zwei Netto Tage nach Kuwait. Grund der Einladung waren die Feierlichkeiten zu 60 Jahren diplomatischen Beziehungen zwischen Kuwait und Deutschland, die unter anderem mit einem klassischen Konzert von uns zelebriert werden sollten. Für Schlaf war die Zeit definitiv zu schade, denn die Kulturbeauftragten der deutschen Botschaft und seine Exzellenze selbst hatten viele Pläne für uns geschmiedet, deren Hintergründe uns manchmal erst auf der Anfahrt selbst erklärt wurden und so den sowieso sehr intensiven kulturellen Eindrücken immer wieder etwas zusätzlich Mysteriöses gaben.
Gestärkt durch ein traditionelles Frühstück mit Oliven, Hummus, Favabohnen-Dip, frischem Gemüse und Brot war unsere erste Station der lokale Radiosender 360 FM für ein Live Interview, zu dem wir ruhig mit Instrumenten und gehoben casual antreten sollten. Mitten in einer der größeren Malls Kuwaits gelegen, in der wir mit unseren Instrumenten mindestens 4 Sicherheitsbeauftragte in Aufregung versetzten, lag der Sender komplett hinter Glas und ermöglichte in jede der live laufenden Sendungen Einblicke, die uns sofort entspannten.
Das es heute nicht um wissenschaftliche Abrisse in fließendem englisch über Bach oder die Diversität arabischer Maqam’s gehen würde, sondern um einen kleinen Eindruck westlicher Klassik verpackt in beste Unterhaltung für eine möglichst diverse Hörerschaft wurde spätestens ganz deutlich, als wir vor der laufenden Social Media Kamera gebeten wurden, traditionellen arabischen Kaffee zu verkosten und uns dazu zu äußern.
Serviert wurde dieser in einer kleinen und äußerst eleganten Schnabelkanne und sehr, sehr kleinen Becherchen, in denen wir aus Höflichkeit nur einen sehr kleinen Schluck angeboten bekamen. So ergäbe sich nämlich die Möglichkeit für den Gast, selbst zu bestimmen wie oft er einen weiteren Schluck nachgeschenkt bekommen wolle und ab wann es genug sei - dafür dann elegant schwenkend die Tasse zurückgeben und alles ist klar. Der Kaffee selbst hatte eine honiggoldene Farbe und schmeckte zart nach Safran und Kardamom, wir fanden ihn fantastisch! Bis zum Interview selbst waren etwa ein Dutzend Social Media Filmchen festgehalten und die ganze Gemeinschaft lief bereits bester Laune ins Studio um dort also westliche Hochkultur in einem witzig-ironischen Schlagabtausch zu präsentieren.
Der erste Abend wiederum brachte uns in vielerlei Hinsicht das absolute Gegenteil. Der deutsche Botschafter Herr Freiherr von Reibnitz ermöglichte uns die unglaubliche Ehre, an einer musikalischen Diwanijah, einem Musiksalon teilzunehmen. Der Gastgeber möchte namentlich nicht genannt werden und veranstaltet seit 1991 jeden Mittwoch einen musikalischen Abend im Diwan seines Hauses, das ist ein eigener Hausteil, den sich ein paar wenige Menschen in Kuwait leisten, um dort meist einmal wöchentlich Besucher zu empfangen und so ein offenes Haus zu leben, ohne dafür die privaten Räume nutzen zu müssen. Diese Diwanijah überwältigte sofort durch eine unglaubliche Sammlung an historischen und kulturellen Objekten und Kunstwerken, Instrumenten und Antiquitäten. Jeden Mittwoch treffen sich dort sowohl ausgewählt eingeladene Musiker*innen des Landes und solche, die das Land besuchen, als auch Freunde des Hausherrn und wichtige Personen des Landes, um gemeinsam bis spät in die Nacht zu musizieren und zuzuhören. In einer unglaublich respektvollen Sprache ungeschriebener Höflichkeit bekam dort jede und jeder Musizierende nach und nach seinen Raum, sich zu präsentieren und in eine gemeinsame Improvisation mit einzusteigen. Alle jeweils gerade begleitenden Stimmen schienen dabei wie Fische im Wasser die Harmonien des jeweils improvisierenden Spielers aufzugreifen. Da wurde nach den improvisierten Sätzen geantwortet und ein harmonisches Bett gebaut - für uns eine gänzlich andere Welt und gleichzeitig doch schon vertraut durch unsere Projekte mit dem SYRIAB Trio. Und dann plötzlich genügte ein einziger Auftakt eines Spielers und allen schien klar, dass jetzt eines der traditionellen arabischen Lieder anschließen würde. Sofort griffen viele zu diversen im Raum liegenden Percussioninstrumenten und dann sang und trommelte es aus dem ganzen Raum und alle überstrahlten sich gegenseitig mit ihrer unbändigen Freude an diesem lauten, leidenschaftlichen und teilweise fast wilden Tun. Zwischendurch wurde hymnenartig ein freies Loblied auf den Hausherrn eingebettet und so lernten wir im Laufe des Abends Lieder aus dem gesamten arabischen Kulturraum kennen. Zwischendurch dann bat uns der Hausherr, auch etwas zu spielen und ab da waren auch wir Teil dieser Gruppe. Erst präsentierten wir etwas unserer Musik aus unserem Goldberg Projekt und dann saßen wir auch schon zwischen Kanun, Holzflöten und Oud und es spielte keine Rolle mehr, wer hier welche Sprache sprach, es zählte nur noch was uns verband - die Musik in einem wirklich magischen Moment der Formung aus dem heraus, was sich gerade ergab. Niemand wollte zulassen, das dieser Abend jemals enden könnte und wir werden das Erlebte ganz, ganz tief in uns speichern und natürlich hoffen wir auf Möglichkeiten, diese Musizierweisen auch zu Hause leben zu können.
Die Nacht war kurz und der nächste Tag brachte uns als erstes einen Fernsehauftritt im öffentlich rechtlichen TV Kuwaits, gehalten in der Residenz des deutschen Botschafters.
Über den Nachmittag dann bekamen wir die Chance, ein paar liebevoll gewählte Einblicke in die verschiedenen Seiten Kuwait-City‘s zu bekommen. Ein Segler Dorf, das im traditionellen Baustil
nachgebaut wurde gab der Sicht auf nicht enden wollende Hochhäuser modernsten Stils einen wirklich tollen Kontrast und auch der Besuch einer riesigen Markthalle war sehr eindrücklich. Und das
sowohl optisch als auch akustisch und olfaktorisch, denn natürlich roch es parallel nach edelstem Parfüm und Weihrauch als auch nach Fisch.
Auch hier kamen wir in den Genuss traditionellem arabischen Kaffees, zusammen mit Rosenblüten Kuchen, Dattel- und Feigenkuchen und das anschließend an einen üppig beladenen Mittagstisch auf dem Markt, auf dem das Lamm im Safran-Reis liegend die gefüllten Weinblätter ablöste, um nur zwei der Gerichte zu nennen, denn gemäß der Tradition bog sich der Tisch vor Leckereien.
Unser Besuch in Kuwait endete an diesem Tag mit dem Konzert in der Residenz des deutschen Botschafters, einem sehr geselligen kulturellen Abend und wir möchten uns auch an dieser Stelle und auf diesem Weg noch einmal bei allen vor Ort für eine Zeit bedanken, die tatsächlich nur auf dem Papier kurz war und uns noch sehr lange und sehr eindrücklich bewegen wird. Vielen, vielen Dank dafür.
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